Das jüngste Gericht/Komposition V von Wassili Kandinsky entstand 1911 in seiner Zeit an der Neuen Kunstvereinigung München (N.K.V.M.) und ist auf einer über fünf Quadratmetergroßen Leinwand gemalt. Es ist das bekannteste abstrakte surreale Werk Kandinskys und verstieß damals eindeutig gegen die Vorschriften der Vereinigung. Später im Leben sagte Kandinsky, er habe mit dem Gemälde bewusst provoziert, um die Neue Kunstvereinigung verlassen zu können und den Blauen Reiter zu gründen.
Surrealismus ist schwer zu interpretieren und es bleibt dem Betrachter überlassen, was er aus dem Werk liest. Einige typische Aspekte des Surrealismus sind hier jedoch zu finden: die Verwendung von hauptsächlich Primärfarben und weiten Pinselstrichen. In den Formen und Farben lassen sich beinahe Gesichter und Personen erkennen. Durch die schwarzen Linien entsteht zusätzlich ein Gefühl der Bewegung.
Nach längerem Betrachten erkennt man vielleicht sogar eine Landschaft, samt Haus, sowie kniende Menschen. Die obere Hälfte wirkt insgesamt Wärmer als die untere, da dort warme Farben benutzt worden sind, im Gegensatz zu den eher gedämpften Erdtönen in der unteren Hälfte. Zieht man den Titel in Betracht, ist eine naheliegende Interpretation des Werkes, dass das Jüngste Gericht mit der alten, kaputten Welt (Der Neuen Kunstvereinigung München) abschließt und eine neue Epoche (der Blaue Reiter) beginnt.