Im Gegenzug zum Naturalismus entwickelte sich in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts eine neue Stilrichtung: der Expressionismus. Das Wort Expressionismus stammt aus dem italienischen und bedeutet Ausdruck.
Die erste Strömung des Expressionismus setzte Ende des 19. Jahrhunderts ein, als die ersten Nationalstaaten aufkamen. Italien wurde unter König Umberto I vereint und auch das Deutsche Reich bildete sich aus den Resten des Deutschen Bundes. Es war eine Epoche des Aufbruches und des Neuen, aber auch der Traditionen und gesellschaftlichen Normen des viktorianischen Zeitalters. Wissenschaftliche Errungenschaften, wie der erste motorisierte Flug, trafen alte Sozialnormen und erschreckende Entwicklungen.
Eine zweite Welle begann im frühen 20. Jahrhundert, zu denen unter anderem auch Pablo Picasso gehörte, die erst mit dem Beginn des ersten Weltkrieges abrupt endete.
Merkmale der Kunst im Expressionismus
Der Expressionismus sticht besonders durch seinen freien Umgang mit Farben und Formen hervor. Das Leitmotiv ist die künstlerische Darstellung von Emotionen und Bewegung. Dabei wurden Motive auf markante Formen reduziert und häufig ungemischte, satte und warme Farben verwendet. Realitätsnahe Darstellungen traten dabei gänzlich in den Hintergrund und wurden durch Typisierung oder gar Depersonalisierung ersetzt: Ein klarer Destruktionswille gegen die vorherrschenden Gesellschaftsformen des viktorianischen Zeitalters.
Der Fokus der Kunst legte sich auf subjektive Darstellung ganz persönlicher Eindrücke. Formen und Farben zeigten das Empfundene und nicht das Gesehene. Das Emotionale wurde durch Parodien und Superlative verstärkt.
Angeregt wurde der Expressionismus durch afrikanische und ozeanische Kunst. Die neuen Handelsrouten des Kolonialismus brachten viele Schätze nach Europa. In Museen wurden Werke fremder Länder gezeigt und inspirierten viele Künstler. Afrikanische Kunst wurde als „neue Natürlichkeit“ hochgeschätzt.
Der ernüchternde und vernichtende Ausbruch des ersten Weltkriegs beendete diese Phase des Optimismus und der bildlich gelebten Freiheit.